Tipps zum Umgang mit Baumängeln

Ausgabedatum: Februar 2014
Baumängel Rechte und Pflichten für Bauherren
Beim Bau eines Hauses greifen auf der Baustelle zahlreiche Gewerke ineinander. Unterschiedliche Bauunternehmen und Handwerksbetriebe arbeiten nebeneinander und teilweise Hand in Hand. Aber am Ende wollen sie alle die beauftragten Leistungen möglichst bald abschließen und in Rechnung stellen können.
Zwar ist ein schneller Fortgang des Hausbaus auch ganz im Interesse des Bauherren ‒ dies aber keineswegs um jeden Preis. Denn auf den ersten Blick erfreuliche Baufortschritte bergen oftmals Mängel, die nicht selten erst bei genauerem Hinsehen zutage treten. Manchmal sogar erst nach Jahren. Mit diesen Baumängeln sind nicht nur nachträgliche Mehraufwände verbunden, sondern für schlecht beratene Bauherren auch ärgerliche, bisweilen empfindlich hohe Mehrkosten, die schnell im fünfstelligen Bereich liegen. Durch die Begleitung durch einen Sachverständigen lässt sich das Risiko durch Mängel beim Hausbau für Bauherren allerdings minimieren.
Was ist ein Baumangel?
Bei einem Hausbau, bei einem Aus- oder Umbau liegt ein Mangel immer dann vor, wenn der tatsächliche Zustand eines “Werks” von der vereinbarten Soll-Beschaffenheit abweicht. Als Maßstab dient dabei immer das, was im Bauvertrag zwischen Bauherr und dem oder den jeweiligen Unternehmen vereinbart wurde. Wann immer ein Teil des Baus nicht ordnungsgemäß hergestellt, also nicht in der vorgesehenen Weise, unvollständig oder nicht voll funktionsfähig ausgeführt worden ist, liegt ein Mangel vor.
Baumängel haben viele Gesichter
Die ersten Baumängel wurzeln häufig bereits in der Planungsphase. Fehlkalkulationen in Fragen der Wärmedämmung, des Schallschutzes oder der Abdichtung des Gebäudes gegen Feuchtigkeit verursachen noch vor Baubeginn Mängel, die nicht selten erst nach dem Einzug in das neue Heim sichtbar werden. Hinzu kommt ein breites Spektrum möglicher Mängel, die durch unsauber oder nicht auftragsgemäß ausgeführte Arbeiten verursacht werden. Abhilfe schafft hierbei ‒ wie so oft beim Hausbau ‒ die Begleitung durch einen Sachverständigen. Die dafür einzuplanenden Kosten liegen bei ungefähr einem Prozent der Bausumme. Der damit gewonnene Nutzen liegt jedoch um ein Vielfaches höher.
Sachverständige Begleitung
Bereits in der Planungsphase sollten Bauherren ihr Bauvorhaben durch einen sachverständigen Experten begutachten lassen. Für den Bauprozess gilt dasselbe:
Nur mit professionell geschultem Blick und akribischer Dokumentation lassen sich Baufortschritt und etwaige Mängel zuverlässig feststellen und bewerten. Einschlägige Anlaufstellen hierfür sind neben dem TÜV der Bauherren-Schutzbund, die jeweils zuständige Verbraucherzentrale sowie der Bund der Bausachverständigen.
Wichtige Vorsichtsmaßnahmen für Bauherren
Um unkalkulierbare Verzögerungen und finanzielle Risiken bereits im Vorfeld zu vermeiden, sind auf Bauherrenseite mit der Unterstützung eines Sachverständigen vor allem drei strategisch wichtige Schritte zu gehen.
Genaue Planung
Erstens muss in der Bauplanung die Leistungsbeschreibung so exakt wie möglich ausfallen. Sie ist die Grundlage für die später auszuführenden Arbeiten und für die Bewertung von Mängeln in deren Ausführung. Je genauer der Bau bis in seine Einzelheiten geplant und beschrieben ist, desto besser ist schließlich die Argumentationsgrundlage des Bauherren.
Finanzielle Kontrolle
Zweitens muss vor Baubeginn festgelegt werden, welche Leistung wie viel kosten darf und wann welche Rate oder welcher Abschlag bezahlt wird. Dabei gilt grundsätzlich, dass ein Gewerk immer erst dann abgenommen und bezahlt werden sollte, wenn es funktionsfähig und ohne Mängel fertiggestellt worden ist. Wer zudem Vertragsstrafen für den Fall von Bauverzögerungen aushandelt, sorgt gleichzeitig für eine zügige Umsetzung der Arbeiten.
Vorausschauend absichern
Drittens müssen auch die Jahre nach Fertigstellung des Baus bereits frühzeitig bedacht werden. Geht eine Baufirma während der Gewährleistungszeit (4 Jahre bei Bauvertrag nach VOB, beziehungsweise 5 Jahre nach BGB) in die Pleite, kann der Bauherr sein Recht auf die Ausbesserung zu Lasten des Unternehmens nicht mehr geltend machen. Für dieses Szenario empfiehlt sich die Aufnahme einer Gewährleistungsbürgschaft in den Vertrag, die im Falle einer Firmenpleite das finanzielle Risiko des Bauherren abdeckt, indem aus ihr berechtigte Forderungen bedient werden können.
Trotz allem Mängel am Bau: Was tun?
Einen Bau ohne Mängel gibt es faktisch nicht. Selbst wenn der Bauherr größtmögliche Sorgfalt walten lässt und alle beteiligten Unternehmen zuverlässig und mit höchsten Qualitätsansprüchen an die eigene Arbeit zu Werke gehen, ist unbedingt mit Mängeln zu rechnen.
Auch kleine und versteckte, zunächst gar nicht als solche erkennbare Mängel müssen erkannt, benannt und beseitigt werden.
Begutachtung und Dokumentation
In vielen Fällen bleiben auch schwerwiegende Mängel durch den Bauherren zunächst unerkannt. Daher ist die sachkundige Begleitung durch einen ausgewiesenen Experten für die Feststellung von Baumängeln dringend zu empfehlen. Wird ein Mangel festgestellt, muss ein entsprechender Nachweis in Form einer durch Bilder ergänzten Mängeldokumentation gesichert werden.
Die Mängelrüge
Ist ein Mangel dokumentiert, kommt es zur schriftlichen Anzeige des Mangels, der sogenannten Mängelrüge. Der Bauherr fordert damit den Bauunternehmer auf, den oder die jeweiligen Mängel innerhalb einer bestimmten Frist zu beseitigen. Dabei ist ein exaktes Datum anzugeben, wobei die vorgegebene Frist angemessen sein muss.
Das Zurückbehaltungsrecht
Bei auftretenden Baumängeln kann und sollte der Bauherr von seinem Zurückbehaltungsrecht Gebrauch machen. Weitere Zahlungsansprüche seitens des Unternehmens dürfen durch den Bauherrn mindestens um einen Betrag in Höhe der zweifachen Mängelbeseitigungskosten gekürzt werden. Ist der Mangel schließlich beseitigt, ist der Bauherr selbstverständlich verpflichtet, den zuvor einbehaltenen Betrag zu zahlen.
Bauherrenrechte bei Mängeln
Wenn ein Bauunternehmen bei der Mängelbeseitigung in Verzug ist und die gesetzte Frist verstreichen lässt, bieten sich für den Bauherren mehrere Wege, zu seinem Recht zu kommen. Hier gilt es ‒ je nach vorliegender Situation ‒ abzuwägen, welchen dieser Wege er einschlägt.
Die Selbstvornahme
Entscheidet sich der Bauherr für die Selbstvornahme, lässt er den Mangel anderweitig beseitigen und stellt die dafür anfallenden Kosten dem Unternehmen in Rechnung, das den Mangel zu verantworten hat. Zur Finanzierung der Mängelbeseitigung besteht gegenüber dem Unternehmer ein Anspruch auf die Gewährung eines Vorschusses in Höhe des voraussichtlichen finanziellen Aufwands. Schätzungen dazu lassen sich von Gutachtern oder Fachunternehmern einholen. Weigert sich das verantwortliche Unternehmen, den Vorschuss zu zahlen, kann der Bauherr den entsprechenden Betrag nach Möglichkeit mit weiter ausstehenden Forderungen verrechnen oder ein Gerichtsverfahren anstrengen. Bei der Selbstvornahme ist unbedingt zu beachten, dass der Mangel zuvor genau dokumentiert werden muss, um auch nach dessen Beseitigung entsprechende Beweise in der Hand zu haben. Bei umfangreichen Mängeln sollte sogar ein gerichtliches Beweisverfahren eingeleitet werden. Das bedeutet, dass auf richterliche Entscheidung ein neutraler Sachverständiger bestellt wird, um den Mangel unstrittig festzustellen.
Die Nacherfüllung
Außerdem kann der Bauherr den Unternehmer – nicht zuletzt in einem gerichtlichen Verfahren – auch nach Ablauf der gesetzten Frist noch zur Mängelbeseitigung als sogenannte Nacherfüllung heranziehen.
Minderung
Als Alternative zur Beseitigung eines Mangels kann der Bauherr unter Umständen auch eine entsprechende Minderung der Forderungen des Bauunternehmers verlangen. Dafür muss der Gegenwert der Differenz zwischen vereinbarter und tatsächlicher Ausführung festgestellt werden.
Schadensersatz
Entstehen dem Bauherren durch die Nichteinhaltung der Frist zur Mängelbeseitigung seitens des Bauunternehmens weitere Kosten (beispielsweise zusätzliche Mietzahlungen), hat er das Recht auf Schadensersatz und kann entsprechende, begründete Forderungen geltend machen.
Rücktritt vom Vertrag
Im Falle erheblicher Mängel hat der Bauherr schließlich die Möglichkeit, vom Vertrag zurückzutreten. Das bedeutet, dass beide Seiten eine vollständige Rückabwicklung der jeweils empfangenen Leistungen vornehmen müssen. Ein solcher Schritt zieht weitreichende Verwicklungen nach sich. Daher sollte der Vertragsrücktritt niemals ohne ausführliche Beratungen mit einem Rechtsbeistand erklärt werden.
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Der richtige Umgang mit Baumängeln ist für Bauherren von größter Bedeutung. Wir empfehlen Ihnen daher auch unsere Beiträge zu den Themen “Mängelbeseitigung” sowie "Fristen und gesetzliche Regelungen zur Mängelbeseitigung" und “Bau- Schlussabnahme” zur Lektüre, in denen Sie weitere Informationen zu Bauherrenrechten und -pflichten bei Baumängeln erhalten.
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